22. Kapitel
Victoria sieht gut aus«, bemerkte Adam.
Er stand mit Cem im prächtigen Rittersaal seines Heimatsitzes. Lea saß in eine Schottendecke gemummelt vor dem riesigen Kamin, in dem ein Feuer prasselte. Victoria saß mit untergeschlagenen Beinen vor ihr auf einem dicken Schaffell. Wild gestikulierend redete sie auf sie ein, und Lea hörte mit einem leisen Lächeln zu. Cems Frau verstand es, die Arme von den Schrecknissen des Tages abzulenken.
»Geht ihr nie der Gesprächsstoff aus?«, fragte Adam bewundernd.
Cem griff zu einer funkelnden Karaffe mit Blut und schenkte Adam ein Glas ein. Sie standen am anderen Ende des großen Raums, außer Hörweite der beiden Frauen.
»Sie ist eine Frau, mein Freund. Und Frauen sind unergründliche, rätselhafte Wesen.«
Adam nahm dankbar das Glas entgegen. Das Blut rann ihm in den Magen und regenerierte seine Kräfte.
»Wie kann Helena hier Blut rumstehen lassen, wo doch Grace im Haus ist?«, fiel Adam ein. »Wo ist sie überhaupt?
Grace, meine ich.«
Cem seufzte und füllte Adams leeres Glas wieder auf.
»Ich fürchte, der Aufenthalt hier hat dem Benehmen meiner Schwägerin auch nicht auf die Sprünge geholfen.
Sie hat sich im Westflügel verschanzt und lässt dort die Dienstboten für sich tanzen. Wir kriegen sie kaum noch zu sehen. Sie kommt und geht durch den Westausgang. Wir sind anscheinend nicht mehr gut genug für sie.«
»Spielt wohl mal wieder die Prinzessin, wie?« Adams Blick hing schon wieder an Lea. Ihm fielen die tiefen Schatten unter ihren Augen auf und wie schwach ihr Lachen klang. Die Schale mit heißer Suppe, die sie zuvor getrunken hatte, hatte ihr zwar gutgetan, aber was sie wirklich brauchte, war Schlaf. »Es überrascht mich, dass Helena ein solches Benehmen in ihrem Hause duldet.«
Cem zuckte die Achseln. »Ich glaube, ihr war's ganz recht. Dann muss sie sich nicht dauernd um Grace kümmern. Um die Wahrheit zu sagen, ich bin selbst nicht ganz unglücklich.«
Was wohl noch untertrieben war, wie Adam vermutete. Und dass seine Schwester, ein eher zurückgezogener Mensch, keine Lust hatte, für eine verwöhnte Göre die Gastgeberin zu spielen, konnte er ebenfalls verstehen.
»Victoria?« Cem trat einen Schritt vor. Die Frauen waren aufgestanden und gingen zu der großen Marmortreppe, die zu den oberen Stockwerken hinauf führte.
»Ach, Cem, jetzt entspann dich mal! Wir sind gleich wieder da.« Stirnrunzelnd zog sie die erschöpfte Lea mit sich.
Adam blickte den beiden Frauen nach, dann setzte er sich zu Cem, der inzwischen am Kamin Platz genommen hatte.
»Hört die Sorge denn eigentlich nie auf?«, fragte er seinen Freund.
»Gott, ich hoffe doch.« Cem rollte seine Schultern.
»Sie redet mit Geistern, und ich ...«, begann Adam und hielt dann inne, unsicher, wie er fortfahren sollte.
»Sie redet mit Geistern, und du weißt nicht, was du davon halten sollst«, beendete Cem den Satz für ihn. Er hatte ihn schon immer viel zu gut verstanden.
»Sie führt Gespräche mit Wesen, die ich nicht mal sehen kann, Cem. Und dann ihr Verhalten! Ich kann nie sagen, was sie als Nächstes tun wird, das ist so, so ...«
»Sie verwirrt dich?«
»Ja!«
»Verunsichert dich? Raubt dir die Kontrolle?«, erriet Cem.
»Ja!«
»Kannst nicht aufhören, an sie zu denken?«
»Ja, verdammt noch mal! Sie macht mich total verrückt.«
Adam massierte schon wieder mit Daumen und Zeigefinger seinen Nasenrücken. Als er die Augen aufschlug, sah er das breite Grinsen seines Freundes.
»He, was gibt's da zu grinsen, du alter Osmane?«
Cem zuckte, immer noch grinsend, die Schultern. »Ich sag's dir nur ungern, also lass ich es lieber bleiben. Du musst schon selbst draufkommen.«
»Worauf kommen?« Helena war im Türrahmen aufgetaucht und schüttelte ihren nassen Schirm aus. Sie stellte ihn in den Schirmständer und ging zu ihnen an den Kamin.
Adam sprang auf und bot ihr seinen Platz an. »Unwichtig. Hast du alles in die Wege geleitet?«
Helena streckte ihre Beine aus und seufzte. »Wir haben die Teile zusammengesetzt, soweit das möglich war. Zwei Mitarbeiter aus dem Formelversand haben die Leiche als Mary Robertson identifiziert. Es ist alles bereit für die Beerdigung, ich warte nur noch auf das Okay von William.
Aber das wird noch eine Weile dauern, so lange, bis ihr den Fall gelöst habt.«
Sie nahm die lila Knetmasse, die Adam ihr mitgebracht hatte, aus der Tasche und rollte sie auf der Handfläche hin und her. »Ich habe McDougal und Hinley befragt. Sie sagen, Leas Geisterfreundin habe euch zu der Leiche geführt.« Sie hörte auf, mit der Knetmasse herumzuspielen, und schaute mit verblüfftem Ausdruck zu Adam auf. »Sie kann wirklich mit Geistern reden?«
Adam hatte keine Zweifel mehr. »Ja, das kann sie.«
Helena nickte und warf einen sarkastischen Blick in Cems Richtung. »Dich überrascht das wohl nicht, Osmane?«
Cem lächelte freundlich. »Überraschen schon, aber es beunruhigt mich nicht, so wie euch. Wenn man glaubt, dass alles auf der Welt möglich ist, dass alles, was man sich nur vorstellen kann, irgendwo im Universum existiert und dass der Tod nur eine Zwischenstation ist, der Übertritt von einem Gemach in ein anderes, dann wundert es einen nicht, dass es Menschen gibt, die mit Geistern reden können. Das Überraschende ist nur, die Bekanntschaft mit so einer Person zu machen.«
Helena nickte. Dann schaute sie Adam an. »Wie hältst du ihn bloß aus?«
Adam zuckte mit den Schultern, als wolle er sagen, weiß ich auch nicht. Cem lachte.
»Dann haben wir jetzt also zwei tote Vampire und dreißig Ampullen Lösung, die uns gestohlen wurden. Was jetzt?«, fragte Helena, wieder ernst werdend.
»Tja, bis jetzt dachten wir, es müssen Vampire getan haben, denn die Lösung nützt ja nichts ohne Vampirblut.
Aber jetzt, wo wir Marys Leiche gefunden und festgestellt haben, dass man sie vollkommen ausgeblutet hat, müssen wir annehmen, dass die Täter genau zu diesem Zweck ihr Blut geraubt haben.«
»Dann haben also Menschen die Lösung gestohlen?
Aber wozu?« Helena beugte sich vor. »Ein Vampir könnte Interesse daran haben, einen Menschen gegen seinen Willen umzudrehen, um die Welt mit unserer Spezies zu bevölkern. Es wäre nicht der erste derartige Versuch. Das ist bis jetzt allerdings immer schnell rausgekommen und wieder vereitelt worden. Aber was sollten Menschen mit der Lösung anfangen wollen?«
»Sie benutzen«, antwortete Cem schlicht. »Oder verkaufen. Du vergisst, dass die Menschen sich nicht vorstellen können, was für eine Last so ein langes Leben ist. Die meisten würden alles dafür geben, noch ein wenig länger zu leben. Wenn die Diebe Käufer gefunden haben, die bereit sind, ein Vermögen für sechshundert weitere Lebens-jahre auszugeben - selbst wenn sie dafür in Kauf nehmen müssten, dass sie sich von Blut ernähren müssen - dann hätte sich der Diebstahl schon mehr als gelohnt.«
»Ja, das wäre möglich«, räumte Adam ein. »Aber wir sollten die Möglichkeit, dass auch Vampire darin verwickelt sind, nicht vollständig ad acta legen. Ich glaube, der Mann, der Sara kontaktiert hat, war wahrscheinlich ein Mensch.
Deshalb hat Sara auch keine Angst vor ihm gehabt. Aber wie ist dieser Mensch überhaupt auf Sara gekommen? Wie hat er von uns erfahren? Verräter hat es schon immer gegeben; aber, wie Helena sagte, sie wurden meist schnell gefasst. Jemand muss diesen Menschen von der Existenz der Formel erzählt haben.«
Im Kamin brach knackend ein verkohltes Stück von einem brennenden Holzscheit ab. Helena beugte sich vor, nahm noch eins von dem Stapel neben dem Kamin und warf es ins Feuer.
»Was ist mit dem Bahnhof?«, fragte sie, nachdem das Holzscheit Feuer gefangen hatte. Ein heißer Luftzug strich vom Kamin durch den zugigen Saal. »Sara hat sich doch am Samstag angeblich mit diesem Mann dort getroffen, oder?«
»Ja, aber ich fürchte, das war auch eine Sackgasse.«
Adam seufzte. Er hatte so gehofft, dass die Bänder ihnen weiterhelfen würden, aber wieder nichts.
»McLeod hat sich die Aufnahmen von dem Tag angeschaut. Sara ist zwar ein paar Mal kurz drauf zu sehen, aber niemand, mit dem sie redet. Entweder, der Mann hat sie an einer blinden Stelle angesprochen oder er ist überhaupt nicht aufgetaucht. Die einzige Spur, der wir jetzt noch nachgehen können, ist diese Tätowierung. William sagt, einer seiner Informanten habe einen Hinweis. Er wird mir Bescheid sagen, sobald er mehr weiß.«
»Und dieser Mann, der am Manor Place ausgeraubt wurde? Der dieselbe Tätowierung hatte?« Cem starrte sinnend ins Feuer.
»Der hat im Krankenhaus einen falschen Namen und eine falsche Adresse angegeben.« Wieder eine vielversprechende Spur, die sich in Luft aufgelöst hatte. Im Moment konnten sie nichts weiter tun als warten. »Wenn sich William nicht bald meldet, dann fahre ich nach Edinburgh zurück und schaue die Verbrecherakten durch. Vielleicht erkenne ich ja einen der Killer, die hinter Lea her waren.«
Das konnte ewig dauern, und er war nicht mal sicher, ob er die Männer wiedererkennen würde, wenn er sie sah.
Aber es war das Einzige, was ihm einfiel, und um Längen besser, als nichts zu tun.
»Ah, da bist du ja!«
Victoria strahlte Helena an, die aufstand, um sie zu begrüßen. »Ich habe Lea überredet, ein paar Sachen von mir anzunehmen, wenn sie dafür ein Glas Port kriegt. Du hast doch sicher irgendwo einen rumstehen, oder?«
»Natürlich. Im Kabinett.« Helena lächelte Lea zu und erhob sich, um das Gewünschte zu holen.
Lea folgte Victoria zögernd zu der Sesselgruppe vor dem Kamin. Sie war verlegen, weil sie unter der Schottendecke nur ein seidenes Nachthemd mit Spitze anhatte.
»Ich glaube, ich sehe rasch mal nach meiner Schwester, wenn ihr nichts dagegen habt«, sagte Victoria zu den dreien.
Cem erhob sich sofort und trat neben seine Frau. »Ich begleite dich.«
Lea drückte sich noch immer hinter einem der Sessel herum, als die zwei gegangen waren. Sie konnte Adam nicht in die Augen sehen.
»Willst du dich nicht setzen?«, fragte Adam, der neben dem Kamin stand. Ohne ihn anzusehen, ließ Lea sich in den nächstbesten Sessel sinken.
»Ist was?«, fragte Adam besorgt. Seine Besorgnis war das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte. Ihr war nämlich bei der Ankunft in dieser Burg, die Helena ihr Zuhause nannte, klar geworden, wie es jetzt um sie stand.
Ihre Aufgabe war zu Ende.
Marys Leiche war gefunden und Lea damit überflüssig.
Jetzt musste sie aus dem Kontrakt aussteigen, und dann würde man ihr jemanden schicken, der ihr das Gedächtnis löschte.
»Lea?« Adam ging vor ihr in die Hocke und hob ihr Kinn. Jetzt musste sie ihn anschauen. Ihre Augen wanderten über seine Gesichtszüge, sie versuchte sich alles ganz genau einzuprägen. Mein Gott, warum tat es nur so weh, ihn verlieren zu müssen?
Lea holte zitternd Luft.
»Gib ihr das da.« Helena hatte ein großes Glas Port in der Hand, das Adam nahm und in Leas leblose Finger drückte. Dabei rutschte die Decke von ihren Schultern, aber der Port wärmte sie so, dass sie es kaum merkte.
»Entschuldigt, ich weiß gar nicht, was mit mir los ist.
Achtet einfach nicht auf mich.« Es war ihr schrecklich peinlich, dass die beiden diesen Moment der Schwäche mitbekamen.
Zwei schöne Menschen, vor einem Kaminfeuer, die sich besorgt über eine zerzauste Frau mit einem jetzt leeren Weinglas beugen dachte sie unwillkürlich. Sie würde das Bild Weichling nennen.
»Sie haben einen anstrengenden Tag hinter sich«, sagte Helena mitfühlend. »Sie sollten schlafen gehen. Adam, zeig doch bitte Lea das Gästezimmer im Ostflügel. Gordon hat dort bereits ein Feuer im Kamin gemacht.«
Lea war dankbar für diesen Vorwand, verschwinden zu können. Das leere Glas umklammernd erhob sie sich. Helena nahm es ihr sanft weg.
»Verzeihen Sie, dass ich Ihnen nicht schon früher geglaubt habe, Lea.«
»Ach, das ist schon in Ordnung«, entgegnete Lea, »das tut keiner.«
Adam trat über die Schottendecke, die zu Boden gefallen war, und führte Lea zur Treppe. Der Portwein hatte ihr geholfen, ihre Stimme wiederzufinden. Sie hielt sich am Geländer der Marmortreppe fest, während sie hinaufstiegen und sagte: »Und was passiert jetzt?«
»Jetzt schläfst du erst mal«, sagte Adam und führte sie in den Gang, der nach rechts abzweigte.
Leas Blick fiel im Vorübergehen auf die Ölgemälde, die im Gang hingen. Der Herzog von Atholl, die Herzogin von Atholl. Wie seltsam, Bilder von irgendwelchen Herzögen und Herzoginnen in seinem Haus aufzuhängen!
Adam hielt eine Tür für sie auf, also trat sie ein. Doch kaum war sie drinnen, schreckte sie fast zurück. Das sollte ein Gästezimmer sein? Der Kamin war ja kaum kleiner als der unten im Rittersaal. Davor standen zwei blaue Polstersessel und dahinter das größte Himmelbett, das Lea je gesehen hatte. Vor den Fenstern hingen Seidenvorhänge, die von der hohen Decke bis zum Boden reichten. Alles war in satten Grün- und Blautönen gehalten. Es juckte sie in den Fingern, ein Foto zu machen.
Das ist das Jadezimmer«, erklärte Adam, als wäre es nichts. Er schloss die Türe. Dann trat er an die Mahagonikommode in der rechten Ecke und griff nach der Karaffe, die dort auf einem Silbertablett stand. »Whisky gefällig?«
Lea war zwar kein Riesenfan des schottischen Nationalgetränks, aber unter den Umständen wollte sie nicht Nein sagen. »Aye«, sagte sie in breitem Schottisch. »Immer her damit.«
Adam schenkte ihr lächelnd ein Glas ein, dann auch sich selbst. Lea nahm derweil vor dem Kamin Platz.
»Du hast mir nie erzählt, wo du herkommst. Ursprünglich, meine ich«, sagte Adam und setzte sich in den Sessel ihr gegenüber.
»Boston«, sagte Lea und nahm einen großen Schluck Whisky.
»He, immer langsam!«
Aber für langsam war keine Zeit. Ihre Zeit lief ab! Leas Verzweiflung war wie scharfe Klauen, die an ihrem Innern rissen.
»Wenn sie mir das Gedächtnis löschen, werde ich mich nicht mehr an dich erinnern«, sagte sie.
»Nein«, bestätigte er.
Lea kippte den Rest ihres Whiskys herunter. Dann stand sie auf und stellte sich vor ihn hin.
»Es wird sein, als ob es dich nie gegeben hätte!«
Adam saß ganz still, das Gesicht wie versteinert, während er zu ihr aufsah. »Ja.«
»Als ob all das hier nie geschehen wäre.«
Auch er erhob sich. Beide standen nun dicht voreinander. Er schaute ihr tief in die Augen, als suche er etwas.
»Ich habe Angst«, sagte sie leise.
»Ich werde dir nicht wehtun, Lea.«
Das wusste sie ja; davor fürchtete sie sich auch gar nicht.
Sie hatte Angst ihn zu verlieren. Lea blinzelte. Sie konnte nicht ändern, was kommen würde. Aber sie konnte das Beste aus der Zeit machen, die ihr noch blieb.
Langsam stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Er regte sich nicht, überließ ihr die Führung.
Ermutigt küsste sie ihn noch einmal, genoss das Gefühl seiner festen Lippen auf den ihren. Ihre Arme hoben sich wie von selbst und schlangen sich um seinen Hals. Sie spürte, wie sie hochgehoben wurde.
Adam trug sie zum Bett und legte sie sanft auf den seidenen Laken ab. Dann trat er zurück und zog Pulli und T-Shirt aus. Als Lea seine nackte Brust sah und den gerippten Bauch, machte irgendetwas in ihr Klick. Sie ließ alles hinter sich, auch die Angst vor dem Vergessen, richtete sich auf, und mit einer schnellen Bewegung zog sie Adam auf sich.
Dieser stieß ein leises Knurren aus und schob ihr Nachthemd bis zur Taille hoch. Als seine Finger über ihren Bauch glitten, fielen Lea ihre Narben ein. Sie fing seine Hand ein und versuchte, ihn davon abzulenken.
Dann schloss sie die Augen. Nein, sie wollte sich diesen Moment nicht von Erinnerungen an jene schreckliche Nacht verderben lassen, an das Aufblitzen des Messers.
Adam beugte sich über ihren Bauch und drückte sanfte Küsse auf die feinen roten Linien, die ihren Bauch wie ein Spinnennetz überzogen.
Lea stöhnte auf, während sie spürte, wie ihre Erregung wuchs. Adam richtete sich auf, streifte ungeduldig seine Hose ab.
»Adam«, schrie sie auf, als er tief in ihre Wärme eintauchte, und bäumte sich auf. Sie biss die Zähne zusammen, um nicht sofort zu kommen.
»Lea«, stieß Adam heiser hervor und berührte ihre Wange. »Schau mich an.«
Lea schlug die Augen auf und sah Adams Gesicht dicht über dem ihren. Er schaute sie mit einem Ausdruck an, den sie nicht zu deuten wusste. Und dann küsste er sie voller Leidenschaft, begann sich in ihr zu bewegen, schneller und schneller.
Mit einem letzten Stoß brachte' er sie zum Höhepunkt und erstickte ihren Schrei mit einem Kuss. Lea schwebte auf einem Meer der Seligkeit, dann kam auch Adam, leise stöhnend, und sie lagen schwer atmend auf den Laken. Die Wirklichkeit schien weit, weit weg zu sein.
Eine Ewigkeit später, wie ihr schien, rollte Adam von ihr herunter und zog sie an sich. Zögernd legte sie ihre Hand auf seine Brust. Was jetzt? Sie hatte nicht über diesen Moment hinaus gedacht.
»Du bist so unruhig«, murmelte Adam und zog die Bettdecke über ihre Schulter.
Lea zerbrach sich den Kopf, was sie sagen könnte. Irgendwas. »Warum hängen bei euch Bilder von einem Herzog und einer Herzogin?«
»Das sind Porträts unserer Eltern«, sagte Adam ruhig.
»Früher hingen sie unten über dem Kamin, aber Helena hatte Angst, sie könnten in der Sonne ausbleichen. Deshalb hat sie sie rauf in den Gang gehängt.«
»Deine Eltern«, wiederholte Lea fassungslos.
»Ja, sie sind vor einigen Jahren gestorben.« Adam strich mit seinem Kinn über ihren Kopf.
Lea spürte, dass er nicht gerne darüber sprach, aber sie konnte es einfach nicht fassen. Wenn seine Eltern der Herzog und die Herzogin von Atholl gewesen waren, dann war er ja ... »Ich habe euer Haus kaum gesehen, als wir hier ankamen. Wie heißt es noch mal, sagst du?«
Adam schwieg einen Moment. »Blair Castle. Was ist, Lea?«
»Und wie heißt du, Adam?«
Er hob den Kopf, schaute auf sie herab. »Du weißt doch, wie ich heiße. Adam Murray!«
Lea schaute ihn stirnrunzelnd an. »Lord Adam Murray.«
»Aha, verstehe.« Er seufzte. »Aber ich habe nicht gelogen. Ich bin unter anderem auch Lord Murray.«
Unter anderem? Lea hob auffordernd die Braue. »Ich warte.«
Er verzog das Gesicht. Dann leierte er gehorsam seine Titel herunter: »Adam James William, Herzog von Atholl, Earl of Strathtay und Strathhardle, Marquess of Tullibardine, Lord Murray.«
Lea klappte der Kinnladen herunter.
»Aber was spielt das schon für eine Rolle?«, sagte er, während ein kleines Lächeln seine Mundwinkel umspielte. »Ich bin immer noch Adam und du ...«
Ein gefährliches Funkeln lag in seinem Blick, und Leas Augen wurden schmal. »Und ich?«
»Du hast immer noch eine lange Nacht vor dir.«
Lea ließ sich seufzend zurücksinken, als er sie erneut zu küssen begann. Er hatte ja recht. Was spielte es für eine Rolle, dass er sich mit seinen Titeln eine Halskette machen konnte? Was spielte überhaupt eine Rolle, während sie von ihm geküsst wurde?